Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann wartet mit der neuesten Schwachsinnsidee erster Güte auf, die eigentlich genau das Gegenteil der deutschen Bildungspolitik und eine Kehrtwende bedeutet: Er erklärt die Beherrschung der deutschen Rechtschreibung und deren schulische Unterrichtung zur Nebensache – weil es ja heute „kluge Geräte“ gibt.
Nach Kretschmanns Logik könnte man westlichen dekadenten Wohlstandskindern den Schulbesuch gleich ganz ersparen und sie von den Härten und Abforderungen des Heranwachsens gleich ganz freistellen: Wozu noch von Hand schreiben – es gibt doch Handytastaturen; wozu noch das Einmaleins lernen – jedes Smartphone hat einen Taschenrechner. Wozu sich noch Fremdsprachen aneignen – es gibt Übersetzungsprogramme, sogar dank KI für komplexe Texte geeignet. Lernstoff aller natur- und geisteswissenschaften wird heute nicht mehr studiert, sondern gegoogelt oder auf Wikipedia abgesaugt. Auch einst im Deutschunterricht gereichte Literaturempfehlungen braucht keiner mehr lesen – man hat ja Apps wie „Blinkist“. Die Analogie lässt sich fortsetzen: Statt Sozialverhalten durch zwischenmenschliche Kontakte gibt Facebook & Instagram, und wozu noch laufen lernen – an jeder Ecke steht ein E-Roller.
Die geistige Verarmung im Onlinezeitalter schreitet ohnehin mit Siebenmeilenstiefeln voran; da braucht es nicht noch Politiker, die die letzten verbliebenen, seit Generationen für Schüler verbindlichen Lerninhalte zerreden und in Frage stellen.
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Andrea Zürcher